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Sonderausstellung im Kreismuseum: Vor 100 Jahren - Landrat und Bürgermeister verhaftet

Die heutige Kreisverwaltung auf einer Ansichtskarte, die am 24. März 1923 von einem französischen Soldaten in die Heimat geschickt wurde. 3000 Bitburger Bürger waren damals durch die Trierer Straße gezogen, um gegen die Ausweisung von Landrat Loenartz und anderer Personen zu protestieren (Foto: Bernd Quirin).

Einer nach dem anderen waren sie in der französischen Kommandantur verhört worden, die sich im Gebäude des heutigen Kreismuseums befand, damals Landwirtschaftsschule. Per LKW ging es sogleich nach Trier und am nächsten Tag mit dem Zug in die Verbannung, in die nicht besetzten Gebiete jenseits des Rheins. Die Familien mussten wenige Tage später folgen. Erst nach vielen Monaten sollten die Ausgewiesenen zurückkehren dürfen.

Wie konnte es dazu kommen? Am 11. Januar waren 60.000 französische und belgische Soldaten in das Ruhrgebiet eingerückt, weil Deutschland im Rückstand war mit Reparationsleistungen aus dem Ersten Weltkrieg. Das hatte auch für die Menschen in den schon besetzten Gebieten wie den Grenzkreisen Bitburg und Prüm direkte Folgen. Die Berliner Regierung rief auf zum zivilen Widerstand. Landrat Loenartz war bereits Ende Januar kurzzeitig festgenommen worden, weil er sich gegen die Beschlagnahmung der Wälder widersetzte. Als die Bitburger Zeitung darüber berichtete, wurde sie wegen eines Artikels „aufreizender Natur“ für mehrere Wochen verboten.

Am 24. Februar wurde bekannt, dass die Franzosen in großem Umfang leitende Beamte und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ausweisen wollten. Daraufhin trafen sich Dr. Brach, Hugo Manz und einige Gleichgesinnte im Gasthaus Zangerle und organisierten einen ersten Protestumzug. Mittags zogen Hunderte Bürger von der Liebfrauenkirche durch die Hauptstraße und die Trierer Straße zur Kommandantur, sangen „Die Wacht am Rhein“ und andere verbotene „vaterländische Lieder“. Hugo Manz erinnerte sich später: „Ich sehe aber auch das Auto noch vor mir, in welchem, bei Zangerle zwangsweise halt machend, 4 französische Offiziere saßen, wachsbleich, mit verhaltenem Grimm, Angst in den Augen.“ Zu einer zweiten Kundgebung am Abend sollen sogar 3000 Teilnehmer aus Bitburg und Umgebung gekommen sein.

Die Reaktion der Franzosen blieb nicht lange aus. Am anderen Tag, einem „frostklaren Sonntagmorgen“ ertönte das Gebimmel der Ortsschelle: „Spahis seien eingerückt, um Ruhe und Ordnung zu gewährleisten, nicht mehr als 5 Personen dürften zusammenstehen, auf Zusammenrottung dieser Art würde unnachsichtlich geschossen werden“, erinnerte sich Hugo Manz. Bei den Spahis handelte es sich um jene algerischen Reitersoldaten, die zuvor schon in Trier einen Protestmarsch mit blankem Säbel aufgelöst hatten. Verstärkt wurden sie um einige Lastwagen mit Maschinengewehren.

Auch in Prüm regte sich Widerstand. Zwar blieb Landrat Burggraf zu diesem Zeitpunkt noch verschont, doch kam es auch hier zu Protesten. Am 6. März war in der unzensierten Bielefelder Abend-Zeitung zu lesen: „Als man in Prüm, einem kleinen Kreisstädtchen in der Hocheifel, einen Beamten verhaften wollte, wurde Sturm geläutet; in Massen strömte das Volk zusammen, und die Franzosen hielten es für ratsam, den Beamten wieder freizugeben.“ Um weitere Protestaktionen zu unterbinden, wurden bald weitere Soldaten an die Unruheherde verlegt. In Bitburg stieg ihre Zahl auf 1200. Beinahe jedes Haus war am Ende in Beschlag genommen, sodass die damals 4000 Einwohner arg zusammenrücken mussten.

Um die Ereignisse des dramatischen Jahrs 1923 im Raum Bitburg und Prüm geht es in der kommenden Sonderausstellung im Kreismuseum Bitburg-Prüm. Einen ersten Einblick geben Museumsleiter Burkhard Kaufmann und Archivar Georg von Schichau im Rahmen einer Führung am Freitag, den 24.03. um 15:00 Uhr im Kreismuseum.


Das Gasthaus Zangerle am Beginn der Trierer Straße in Bitburg. Hier trafen sich vor 100 Jahren Bitburger Bürger, um gegen die Ausweisung von Landrat Loenartz und anderer Personen zu protestieren (Foto: Bernd Quirin).